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Das kleine Saarland als Nabel der Welt

Das kleine Saarland als Nabel der Welt
Schorsch Seitz zu Gast im Freistetter »Ku-Stall«
In jedem Menschen steckt ein Saarländer: Schorsch Seitz verglich bei seinem jüngsten Gastspiel im Freistetter »Ku-Stall« die kleine Welt seiner Heimat mit der großen da draußen -und man amüsierte sich köstlich dabei.


VON MICHAEL MÜLLER
Rheinau-Freistett. Maulfaul, eher langsam im Denken und Handeln und irgendwie ein bisschen doof - so in etwa ist das Klischeebild des gemeinen Saarländers. Kein Nährboden also für Komiker? Denkste: Schorsch Seitz belehrte alle eventuellen Zweifler eines Besseren.
Nonchalant und locker entert er die kleine »Ku-Stall«-Bühne. Ein paar kleine Auftakt-Bonmots, ein bisschen Schäkern mit einem Landsleute-Ehepaar im Publikum und seine saarländische Version von Bob Geldofs »The Great Song of Indifference« —zum Mitklatschen - schon hat er die Leute auf seiner Seite.

Groß um die Ecke denken muss man nicht. Dennoch artet das nie in dumpfen Schenkelklopfer-Humor aus. Seitz ist weder Kabarettist noch Stand-Up-Comedian in Reinkultur - die Grenzen verschwimmen. Und er will sich wohl auch nicht in eine Ecke drängen lassen. Er lästert über Politiker wie Ministerpräsident Peter Müller (nicht der »Brad Pitt«, sondern der »brääd Pitt« des Saarlands, weil er so breiten Dialekt spricht) oder Oskar Lafontaine (der angeblich eine Brauerei gegründet hat, um dort sein Lieblingsbier zu brauen - »Hassenschröder«) ebenso wie über Otto Normal-Saarländer, der am liebsten überall seinen »Schwenker« (= Grill) aufstellt, um dort seine heiß geliebte Lyoner Wurst zu brutzeln. Auf Karnevalssitzungen fühlt er sich wahrscheinlich genauso wohl wie auf einer Kleinkunst-Bühne. Hauptsache, die Leute gehen gut gelaunt nach Hause.


»Über sieben Brücken«
Seitz ist Saarländer - doch irgendwie wird das kleine Saarland im Laufe des Abends allmählich zum Nabel der Welt. Da dichtet er Peter Maffays »Über sieben Brücken« zum Klagelied der Autofahrer um, denen Knöllchen verteilende Polizisten, die ständige »rote Welle« und die zeitraubende Suche nach einem Parkplatz in der Landeshauptstadt den letzten Nerv rauben. Oder er entlarvt Frank Sinatra als Plagiator, der sich für seinen Hit »Something Stupid« von einem saarländischen Dialekt-Wort inspirieren ließ (»Schdubi« ist das »Feierabend-Bierchen«). Auch die Abenteuer des italienischen Gastarbeiters Salvatore liefern ihm jede Menge Stoff für Musik-Parodien von Adriano Celentano bis zu Giuseppe Verdi. Seitz veräppelt Herbert Grönemeyer (»Der singt immer, als ob man ein Schwein schlachtet«) ebenso wie das Ziegen-Tremolo der Bee Gees, und auch liebevolle Sticheleien gegen den Nachbarstamm der Pfälzer (»Die sind auch nicht blöder als die Saarländer - es gibt nur viel mehr davon«) dürfen nicht fehlen.


Zum Schluss dann »Viva Lyonerland« - auch dies eine Parodie auf einen bekannten Stimmungs-Hit. »Das macht der jetzt noch stundenlang«, lacht »Ku-Stall«-Impresario Martin Schutt - während die Besucher schon längst per Polonaise durch die Tischreihen tanzen.

Acher-Rench-Zeitung vom 22.Januar 2005

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